Interview mit Paddy Schmidt zu aktuellen Themen
(M.D.) Paddy, du hast ein Hörbuch herausgebracht…eine neue Erfahrung. Hat dir das Konzept Spaß gemacht?
Mein Reisebuch „Far Away – Mit der Harley zum Nordkap“ ist ja schon einige Zeit auf dem Markt. Schon immer war es mein Wunsch, parallel dazu ein Hörbuch herauszubringen. Es scheiterte jedoch stets an der nichtvorhandenen Zeit, da ich mit Konzertterminen mehr als ausgelastet war.
Es hat mir eine Riesenfreude bereitet, das Hörbuch zu sprechen und ich habe die Stationen unserer Reise dadurch nochmal bewusst durchlebt.
(M.D.) Du bist mit dem Alteisen aus Milwaukee bis ans Nordkapp gerödelt. Würdest du da noch einmal tun? Da ich ja das gleiche Moped habe wie du, würde ich behaupten es war eine gemütliche Tour.
Ja, ich bin mit Andrew bereits im Gespräch, dieses Abenteuer erneut zu machen. Vielleicht nicht gerade nächstes Jahr, wir müssen erstmal die Rückstände der Coronakrise wieder einspielen. Aber die Idee ist schon vorhanden. Vielleicht wählen wir eine andere Route, z. B. über die baltischen Staaten und bauen mehr Finnland ein, das uns auch gut gefallen hat.
Die Tour war alles andere als gemütlich; zwei Drittel der Fahrtstrecke waren verregnet und kalt. Aber die anderen 25% haben alles wettgemacht. Zum Beispiel hatten wir Sonne und Temperaturen über 7°C auf den Lofoten, da sind wir dann auch im Atlantik schwimmen gegangen J Ich fahre meine Harley-Softail-Evo nun schon 25 Jahre, da sollte ich mich an die Sitzhaltung gewöhnt haben.
(M.D.) Ist die Idee schon vor der Corona Krise gereift, oder erst als die Auftritte ausblieben?
Jetzt ist unvermittelt – also ohne große Vorwarnung – die Coronakrise über uns hereingebrochen und besonders die Kulturschaffenden sehen sich plötzlich mit Auftrittsverboten konfrontiert. Es war und ist nicht absehbar, wann sich an diesem Zustand etwas ändert. Um nicht in Trübsal und Untätigkeit zu verfallen, habe ich die alte Idee des Hörbuches wieder aufgegriffen und um Geld zu sparen, habe ich von der Stimme bis zur Technik alles selbst in die Hand genommen. Der Kernpunkt meiner Nordkapreise war natürlich auch das Zelebrieren des nördlichsten Konzertes meines Lebens – also das Absingen unseres Songs „Far Away“ vor dem Weltkugeldenkmal mit der zerlegbaren Gitarre, die ich extra auf die lange Reise mitgenommen habe. Daher finden sich auch auf dem Hörbuch zusätzlich fünf Lieder, die ich ganz besonders dafür live eingespielt habe. Einer dieser Titel, der Song „Roll on rider“ ist brandneu, ich habe den Song noch nie live gespielt. Unter dem Einfluss der wiederkehrenden Gedanken beim Erstellen des Hörbuches ist mir spontan die Idee gekommen, dieses Lied zu schreiben. Das Hörbuch bietet also insgesamt fast 5 Stunden Hörgenuss!
(M.D.) Wie siehst du als Berufsmusiker die Einschränkungen, die wir momentan erleben? Siehst du es ähnlich wie wir, dass auf die Musikbranche wenig Augenmerk gelegt wurde…auch was Hilfen angeht.
Die Corona-Soforthilfen helfen uns Kulturschaffenden überhaupt nicht. Zwar hat die Bundesregierung den Bundesländern zur Errichtung der Rettungsschirme freie Hand gegeben, allerdings mit der bindenden Option, dass nur Betriebsmittel kosten aufgerechnet werden dürfen und das auch nur, wenn der Kulturschaffende vorher sämtliche liquiden Mittel aufgebraucht hat. Lebenshaltungskosten dürfen dagegen nicht aufgerechnet werden. Zum Verständnis: Betriebsmittel wären: Leasingverträge für Bandfahrzeuge, Miete für Proberaum oder Mietkauf für Instrumente. Das fällt bei mir z. B. überhaupt nicht an. Mein Auto und meine Musikinstrumente sind bar gekauft und bezahlt und mein Proberaum ist mein eigener Keller. Ich habe keine Schulden, also habe ich auch keine Betriebsmittel.
Hingegen habe ich Lebenshaltungskosten, die nicht nur privat, sondern auch beruflich anfallen. Dazu gehören z. B. die Sozialversicherung in der Künstlersozialkasse, meine privaten Versicherungen, meine Benzinkosten, Gas, Strom, Wasser, der Unterhalt für meine Kinder, die nicht bei mir leben, etc.
Laut der Statuten der Coronahilfe muss ich erstmal mein Vermögen (liquide Mittel) aufbrauchen, um überhaupt berücksichtigt zu werden. Da ich aber keine Betriebsmittel geltend machen kann, wird mir ferner empfohlen, bei drohender Insolvenz Grundsicherung zu beantragen. Das bedeutet: Hartz4. Finde den Fehler!
(M.D.) Du hast ja ein Konzert in einem Autokino gegeben, wie war diese Erfahrung für dich. Ist das irgendwie so wie bei Stephen Kings Christine, wenn hunderte Auto vor einem stehen?
So schrecklich wie bei Christine war es nicht J Aber es ist schon gewöhnungsbedürftig, die Konzertbesucher in ihren Autos zu sehen - und das bei strahlendem Sonnenschein! Ich bin jedoch dankbar für alle Gelegenheiten, dieses Berufsverbot der Live-Musik umgehen zu können, denn die Bühne ist mein Leben. Diese Krise wird uns noch etliche Zeit beschäftigen und da braucht es Mut zu neuen Lösungen. Ich denke da auch an Privatkonzerte in kleineren Rahmen, Haus, Garten- und Firmenmusik, etc. Wer da tolle Ideen hat, mag sich bei mir melden!
(M.D.) Gibt es irgendetwas, was du den Menschen in diesen Zeiten gerne noch mitteilen willst?
Ich möchte mich bei allen meinen Fans für die grenzenlose Solidarität bedanken, die ich in den letzten Wochen erfahren durfte. Viele Leute, die eigentlich schon mein Buch im Printformat gekauft haben, bestellten wie selbstverständlich das Hörbuch noch einmal. Das hat mich sehr glücklich gemacht und ich weiß jetzt, dass Ihr mich nicht vergessen habt. Das Hörbuch ist natürlich weiterhin erhältlich unter www.paddy.de
Es kann entweder für 10 Euro als MP3-Download heruntergeladen werden, es gibt aber auch die Möglichkeit, eine künstlergebrannte MP3-CD für 20 Euro (Versand incl.) zugeschickt zu bekommen. Wer mit Download und MP3 gar nichts am Hut hat, kann das Hörbuch auch als künstlergebrannte Audio CD bekommen, das sind dann 4 CDs insgesamt für 25 Euro und auch hier ist der Versand incl.